EINIGE STATEMENTS UNSERER ACTS 2013

Wir haben einige unserer eingeladenen Acts gefragt, was sie derzeit bewegt, wie es an ihren Herkunftsorten so abläuft, welche Bedeutung für sie antifaschistische Subkultur hat und vieles mehr! Außerdem gibt es ein Statement von Trouble Orchestra und ein Interview mit The Oppressed! Seht selbst:

Interview The Oppressed:

What do you think about the political situation in Cardiff?
We have no situation in Cardiff. It’s a port city and has had immigrants from all over the world settling here for over 100 years. Because of this most peolple are happy with different races and we all mix together with no problem. A few years ago the English Defence League came but were ran out of town. We don’t allow Fascist scum here.
What’s with the right wing populists and the nazi scene you have in your country?
Wales doesn’t have a problem really but across the boarder in England the EDL have attracted many football hooligan types who just want an excuse to cause trouble. Blood & Honour still have secret gigs once or twice a year but only have a few hundred supporters. These little hitlers are not a problem.
What do you think about the actual situation of subcultures like punk & hardcore?
The scene is not what it used to be but everyone comes together for gigs. Antifa gigs here always have a good mix of Punk. Oi!, hardcore, ska etc. This for me is how it should be, different styles working together.
Do you have problems with right wing open people (fencewalkers) in the scene? What are you doing against these problems?
Like I said, we have no problem here in Cardiff. Back in the 80s we had 1 bonehead band but when they were at home in Cardiff they hid there racism. They had black friends and even shared rehearsal space with a black band. They would then go away from Cardiff and play for Blood & Honour. Typical 2 faced c**ts.
Maybe you find some words about the domination of men in the most subcultures: what do you think is the best way to do something against sexism, homophobia and other regressive elements at concerts & parties?
I don’t see it as domination. It’s just a historical fact that bands have been male dominated but these days there are many females on the scene. It’s just a matter of time before things equal out. Sexists and homophobes are just like racist, stupid people looking for easy targets to blame for their own failures.
Why is it important for you to support Siempre Antifascista?
Because we are an Antifasct Oi! Band so of course we will always support fellow Antifascists.
“FUCK FASCISM BEFORE IT FUCKS YOU”

Kurze Vorstellung: wer seid ihr?

Kira Kanoa: Wir sind eine Konstellation von fünf, unabhängigen Individuen, die ihre politischen wie persölichen Meinungen und Zielstellungen, mit Musik zur Sprache bringen. Wir sind sehr darauf bedacht, Texte und Instrumente in einen Einklang zu bringen der, unseren eigenen Gefühlen und Gedanken am besten gegenüber steht. Auch die Wahl der Worte ist uns sehr wichtig, da wir um die Macht der Worte wissen und sie respektieren. Natürlich lassen sich Konflikte um Worte und Ansichten niemals zu Gänze vermeiden und bestimmt sind einige Worte mit Absicht so gewählt das sie provozieren und zu konflikten mit uns uns einem selbst anregen sollen. Und auch wenn wir uns selbst das Label von Antifascist „Hardcore Punk“ gegeben haben, so haben wir doch zu jedem und jeder etwas zu sagen.
Eastie rO!s: Wir sind die Eastie Ro!s, bestehend aus 3 Mitgliedern, die ihren Ursprung im Osten des Landes haben. Daher rühert auch der Name. Musikalisch ist die Musik wohl eher konservativ, textlich jedoch auf neuestem Stand. Wir hören auch auf den Namen Scheißegang!
The Not Amused: Wir sind die The Not Amused! Powerpop/Mod/Punkrock aus Kreuzberg. Kidnap-Gitarre/Rosa – Drums/ Urs – Gesang/Marcel – Bass
Artificial Eyes: Artificial Eyes gibt es seit 2011. 2010 entstanden die Demos zur ersten Platte, die im Sommer 2011 aufgenommen wurde und im Herbst 2012 erschienen ist. Von der damaligen Besetzung ist nur noch Bandgründer und Songwriter Micha (Ex-Freiboiter) an der Lead-Gitarre dabei. Die aktuelle Besetzung existiert seit Januar 2013: Gesang – Tanio (Oigenz) Lead-Gitarre – Micha (Freiboiter) Rhythmus-Gitarre – Christian (Murder Disco X, Bitch Boys) Bass – Benno (Wärters Schlechte, Slain) Schlagzeug – Fabi (Produzenten der Froide). Bis auf den Sänger, der inzwischen in Rheinland-Pfalz lebt, wohnen alle in Stuttgart. Alle beteiligten Musiker kennen sich schon lange und waren zum Teil auch schon gemeinsam in anderen Bands aktiv. Dazu kommen noch die genannten Ex-Bands, die ebenfalls keine unbeschriebenen Blätter sind. Somit sind AE eigentlich keine Newcomer, sondern eher alte Bekannte, die sich neu gefunden haben.
Kaput Krauts: Wir sind Kaput Krauts, machen seit 15 Jahren zusammen Musik und wohnen teilweise im Ruhrgebiet und teilweise in Berlin. Verschiedene Bandmitglieder waren und/oder sind in verschiedenen politischen Zusammenhängen aktiv.
Pestpocken: Pestpocken haben vor 16 Jahren als klassische Deutschpunk-Band inspiriert von der Kompromisslosigkeit und Härte der Bands aus 80ern begonnen. Musikalisch haben wir versucht uns treu zu bleiben und trotzdem neue Einflüsse hinzuzugewinnen. Markant sind vermutlich der weiblich/männliche Wechselgesang und die plakativen Songs aus Anfangsphase der Band 🙂

Welche Bedeutung hat für euch die (internationale) antifaschistische Subkultur? Wie schätzt Ihr die aktuelle Entwicklung in Europa ein (Stichpunkte: Nazimorde, Erfolge verschiedener rechtspopulistischer bis neonazistischer Parteien, Festunge Europa…)?


Kira Kanoa: Die antifaschistische Subkultur steht für die Schaffung und Erhaltung von Freiräumen. Außerdem stellt die radikale Linke ein großes Netzwerk dar, was aus vielen verschieden Gruppen mit gleichen und unterschiedlichen Zielen besteht. Wir alle kämpfen für eine freie Welt, auch wenn der Begriff Freiheit für jeden was anderes bedeutet und die eigene Freiheit selbst zu gestalten ist und dennoch nicht die Freiheit des anderen, einschränken darf. Wir haben das Gefühl, dass sich die bestehende Situation in der Welt zu spitzt. Zum Einen ist es beängstigend zu sehen, wie der deutsche Staat und Nazis Hand in Hand agieren, Sachen totgeschwiegen, und Proteste dagegen unterdrückt werden, durch einer der größten Machtinstrument des Staates, der Angst, der Angst vor dem Verlust der bürgerlichen Rechte und der körperlichen und psychischen Unversehrtheit. Besonders krass finden wir die Entwicklung an den Grenzen Europas und die Tatsache wie weit sich Menschen erniedrigen lassen müssen und wieviel sie riskieren müssen um am Leben zu bleiben. Beispielsweise vor den Küsten von Lampedusa, wo die Flüchtliche von Frontex aufs Meer zurückgetrieben bzw. versenkt wurden. Untermalt wird die ganze Brutalität noch durch die hiesigen Naziparteien, die in vielen Teilen der Bevölkerung mit diesem Thema auf Zustimmung stoßen, wie in Hellersdorf und Schneeberg.
The Not Amused: Antifaschismus ist für uns keine Frage der Subkulturen sondern eher des „Gesunden Menschenverstands“. Wir sind Antifaschisten und tun uns schwer mit Leuten in den Subkulturen, die das aus den seltsamsten Beweggründen nicht von sich behaupten können oder wollen. Wir finden, dass Antifaschismus /Antirassismus beim Brötchen kaufen anfängt und beim Biertrinken noch lange nicht aufhört und wollen Leute bei denen sich das anders verhält auch nicht bei unseren Shows haben. Internationalismus ist allein schon deshalb super, weil Nationalstaaterei (auch wenn eben ein riesen Problem) überholt und albern ist. Gute Mucke ist international! Schlechte Mucke hingegen ein Bombengeschäft. Bei Amazon und Co konnte und kann man schon ewig alles mögliche an Nazi Mucke beziehen, und dass es im braunen Sumpf nie wirklich aufgehört hat zu brodeln, war dem halbwegs Interessierten auch immer klar. Erst müssen ein paar kranke Bastarde Jahrzehnte mordend durchs Land ziehen, damit das überhaupt wieder Thema wird, wobei die Deutschen doch Hoyerswerda, Mölln und Solingen so schön vergessen hatten … Und das ist ja nur das, was (trotz aller Mühen vom Verfassungsschutz, die Geschehnisse unter den Teppich zu kehren) ans Licht gekommen ist.
Artificial Eyes: Zu Ländern außerhalb Deutschlands kann ich nicht viel sagen. Dafür habe ich zu wenig Berührungspunkte. Durch Auftritte mit Produzenten der Froide und Freiboiter haben Fabi und ich einige Städte im europäischen Ausland besuchen können. Zu wissen, dass man dort in einem gefestigten Antifa.Umfeld Konzerte spielen kann, war eine sehr gute Erfahrung. Ich hoffe, dass das so bleibt. Leider ist das nicht überall so. Durch die Auftritte und Berichte von einigen deutschen Bands in Moskau hört man öfter von der Russischen Szene. Auch aus erster Hand. Auch durch die Tour von „What We Feel“ in Deutschland. Russland, ein Land, das in der Vergangenheit maßgeblich die Nazis bekämpft hat und heute rennen dort „Sieg heilende“ Boneheads durch die Straßen und terrorisieren die Leute – nicht zu fassen. Grundsätzlich gilt für alle Länder das Gleiche – rechte Parteien bekämpfen und antifaschistische Strukturen stärken. Egal wie. Antifaschismus sollte selbstverständlich sein und nicht groß diskutiert werden müssen. Dieses Bewusstsein muss geschaffen oder wo vorhanden, bewahrt werden.
Kaput Krauts: Wir kommen alle aus der Punkszene, wobei für uns ein antifaschistischer bzw. Emanzipatorischer Grundgedanke immer selbstverständlich war. Insofern ist diese Subkultur unser kultureller Anker, wir sind darin aufgewachsen und bewegen und ständig darin. Momentan scheint es in Europa eine Rückentwicklung zu geben, wo nationale Zugehörigkeit wieder eine stärkere Rolle spielt und nationalistische und rechtpopulistische Parteien Zulauf bekommen. Diese Entwicklung betrachten wir mit Sorge, wobei ein “starkes Europa”, dass einfach nur die einzelnen Nationalstaaten vereint, um nach aussen wirtschaftlich stärker dazustehen, sich dafür aber umso mehr gegen Migranten abschottet, für uns natürlich auch nicht die Lösung sein kann.
Pestpocken: Sie hat eine große Bedeutung für uns, weil wir uns (privat & als Band) in diesen Strukturen bewegen. Hier müssen wir bestimmte Debatten, die in nicht klar antifaschistischen (Sub)-Kulturen zu führen wären, nicht führen. Hier sind Standards gesetzt (bzw. können vorausgesetzt werden), Grenzverletzungen – seien sie rassistischer, sexistischer oder anderer diskriminierender Art – werden nicht toleriert.

Mit welchen Problemen seid ihr als offen antifaschistische Band in Eurer Herkunftsgegend konfrontiert – sowohl von staatlicher Seite als auch durch Nazis?

Kira Kanoa: Tatsächlich sind uns derartige Probleme als Band persönlich unbekannt und hoffen das es auch so bleibt. Wir lassen uns unsere Gedanken nicht nehmen und sprechen alles so unverblümt aus, wie möglich – auch wenn wir uns nicht irgendwann vor einem selbstgerechten Strafgericht wieder finden wollen, denn es ist uns wahnsinnig wichtig immer weiter machen zu können. Doch in der Vergangenheit wie in der Gegenwart sind uns solche Probleme im Rahmen des AZ oder unseren politischen Aktivitäten nicht unbekannt geblieben und sind bis heute noch, auf die eine oder andere weise, präsent.
Eastie rO!s: Die Antifaschistische Subkultur hat seid wir 15 sind ne klare und wichtige Rolle eingenommen. Wie der Name sagt komm wir aus dem Osten Deutschlands und da gibt es weitaus mehr Probleme mit rechten Vollidioten und deren Unterwanderung der Gesellschaft als in Berlin. Dennoch sind wir eher der Schlag Mensch, der sich in Situationen mit Rechten dementsprechend verhält und Farbe bekennt. Auf Demonstrationen sind wir nicht mehr wirklich oft zu sehen, da uns die Uniformität und das Einreihen nicht liegt.
The Not Amused: Am Abend unserer allerersten Show ham wir schön von Faschos auf die Fresse bzw. mit der Bierflasche auf den Schädel bekommen. Die haben zu der Zeit, wie wir nachher rausbekommen haben, wohl gern zu später Stunde Abenteuerurlaub (Zecken klatschen) in Kreuzberg gemacht. Das war total scary, als wir plötzlich quasi vor unserer Haustüre von denen umzingelt waren. Urs hatte Gas in die Fresse bekommen und wollte sich das dann im Excess (hieß der Laden so?) aus den Augen waschen gehen. Der Typ hinterm Tresen war total angepisst und meinte nur, wir sollen nix voll bluten, es sei grad frisch gewischt. So sind se, die lieben Mitmenschen … Kidnap kommt ursprünglich aus Wuppertal, das sich ja leider seit er weg ist zu ner regelrechten Hochburg des braunen Gesocks „gemausert“ hat. Da sieht man tatsächlich Pack mit Combat 18 auf der Jacke im Edeka.
Artificial Eyes: Wir haben in der Region Stuttgart mit keinerlei Problemen zu kämpfen. „The streets are ours“.
Kaput Krauts: Glücklicherweise hatten wir in der ganzen Zeit als Band relativ wenig Stress mit dem Staat. Vielleicht sind unsere Texte zu intellektuell für den Staatsschutz, keine Ahnung. Und mit Nazis gab es auch eher selten Probleme, was vielleicht auch daran liegt, dass wir fast ausschliesslich auf sehr explizit linken Veranstaltungen oder oder in meistens eindeutig linken Locations spielen.
Pestpocken: Wir müssten erst kürzlich nach unserem Gig in Moskau am eigenen Leib erfahren, was es für Antifaschisten bedeuten kann, in einer sehr stark nationalistischen Gesellschaft zu leben. Das Leben als Antifaschist kann in Russland tatsächlich lebensgefährlich sein. In Gießen hingegen ist die Naziszene ziemlich überschaubar und in erster Linie in den benachbarten Dörfern „beheimatet“. Probleme hatten wir bisher eher von staatlicher Seite aus. Im letzten Jahr hat die Stadt versucht unsere 15 Jahresfeier zu sabotieren, indem sie uns vorübergehend die Räumlichkeiten entzog, da wir zuvor im Verfassungsschutzbericht erschienen sind. Die Solidarität unterstützender Gruppen und Personen sowie die Eingeständnisse einiger Kompromisse am Veranstaltungstag haben dazu beigetragen, dass die Veranstaltung dann doch durchgeführt werden konnte.

Was denkt Ihr über die aktuelle Situation in Subkulturen wie Punk, Hardcore, Mod oder auch im Skinheadbereich? Habt Ihr Probleme mit rechtsoffenen Leuten in Eurem Umfeld oder auf Konzerten (Stichpunkt: Grauzone)? Was macht Ihr gegen diese Probleme?

Kira Kanoa: Auch wenn wir ab und an, immer mal wieder, Probleme mit Leuten haben, die durch Kleidung und Äußerungen, der Grauzone zugeordnet werden können, bleiben diese sehr gering. Es ist uns wichtig, mit den Leuten zu reden und inhaltliche bzw. konstruktive Kritik zu geben, wir wollen die Leute nicht nur anpöbeln, da das in den meisten Fällen zu Trotzreaktionen führt und eine konstruktive Auseinandersetzung verhindert. Das ist uns bisher auch ziemlich gut gelungen, auch wenn es in manchen Fällen aussichtslos war und die Menschen dem Haus verwiesen werden mussten.
Eastie rO!s: Im Punk und auch in anderen Subkulturen ist denken wir durch klaren Menschenverstand und dem Versuch eine Band zu verstehen auch klar erkennbar in welche Richtung die Musik geht. Ganz klar sollten Bands verurteilt werden die offen mit rechten oder republikanischen populistischen texten auf Publikumsfang gehen. Das funktioniert auf Dörfern und in Vorstädten ja häufig leider viel zu gut. Viele Bands spielen mit Ironie um einer Problematik mehr Ausdruck zu verleihen, das sollte berücksichtigt werden und nicht bewusst falsch verstanden werden. Im Internationalen Bereich wie beispielsweise in Griechenland kann man zur Zeit leider sehen das 33 – 45 nicht gereicht hat um gewisse Leute aus der Vergangenheit lernen zu lassen.
The Not Amused: Ist ja nun nix Neues… aber falls niemand anderes das macht, schmeißen wir die Leute mit Skrewdriver-Shirts auch gerne selbst raus. Aber mal im Ernst, diese Grauzone-Proll-Asis konnten wir bisher in unserem Publikum glücklicherweise gar nicht ausmachen. Auch von irgendwelchen Spacken, die einem was in Richtung „Templars sind doch eigentlich ne total in ordnunge Band“ o. ä. Dünnschiss ans Ohr kauen wollen, sind wir bis dato verschont geblieben.
Artificial Eyes: Da es sich bei allen Subkulturen primär um Jugendbewegungen handelt, kommen ständig neue unerfahrene Menschen hinzu, die ihren eigenen Kopf haben, die teilweise natürlich komplett anders denken, wie die Älteren und ihre eigenen Fehler machen müssen. Daher sind die Szenen ständig im Wandel. Heute wie damals. Viele beklagen den ständigen Kampf für oder gegen die selben Dinge „das hatten wir doch vor zehn Jahren schon mal…) und das ständige „erklären müssen“ im Bezug auf Zusammenhänge innerhalb der Subkultur. Aber so ist es nun mal. Ehemals aktive Leute ziehen sich zurück, Bands lösen sich auf, neue kommen hinzu. Man kann Momentaufnahmen nicht konservieren. Wir sind alle schon lange dabei, weil wir immer noch Spaß an der Musik haben und auch das Bedürfnis innerhalb der Subkultur Dinge Positiv zu beeinflussen. Wir erleben aktive antifaschistische Strukturen in allen Bereichen, Punk, Skinhead und HC Subkultur. Das lässt uns einerseits positiv in die Zukunft blicken, aber auch in Stuttgart ist der Nachwuchs relativ rar. Rechtsoffene Leute werden und wurden von jeher „zurechtgewiesen“ oder ausgegrenzt, wenn es nicht anders geht. Was im engeren Bandumfeld aber kein Problem darstellt, denn alle beteiligten Musiker haben mit ihren Ex-Bands deutlich gezeigt, wer im entsprechenden Umfeld erwünscht ist und wer nicht. Das hat sich eins zu eins auf AE übertragen. Als Band versuchen wir mit unserer Musik eine Alternative zu den ganzen überschätzten und gehypten Grauzonen-Bands zu bieten. Ein attraktives Produkt das Spaß macht sozusagen, mit klarer politischer Positionierung.
Kaput Krauts: Musikalisch unterscheiden wir uns ja schon ein bisschen von klassischem Street- oder Oi!-Punk, insofern gibt es wahrscheinlich wenig Interesse von der falschen Seite, da irgendwo anzudocken. Trotzdem sprechen wir uns natürlich gegen Grauzonenpenner oder unpolitische Null-IQ-Patienten aus, sei es in Texten, mit Ansagen auf Konzerten oder einfach durch die Tatsache, dass wir meistens ziemlich genau hinschauen, auf welcher Veranstaltung oder in welchem Laden wir demnächst spielen.

Was denkt Ihr über den nach wie vor stark männerdominierten Zustand der klassischen Subkulturen? Was ist Eurer Meinung nach der beste Weg auf Konzerten & Partys etwas gegen Sexismus, Homophobie und andere regressiven Einstellungen zu unternehmen?

Kira Kanoa: Als Band hat man die Möglichkeit bei Konzerten durch Ansagen und Songtexte den Menschen eine Art Idee, eben eine Message mit auf den Weg zu geben, durch Handzettel, Plakate, allgemeine Kreativität und Gespräche kann man dies ebenfalls auf Konzerten oder Partys tun. Dennoch ist es ein viel tiefgreifenderes Thema bzw. Problem, wie man aus eigenen Erfahrungen erkennen kann. Oft kann man nur eine Art Anstoß im Denken sein, denn es ist ein langwieriger Prozess das Thema zu verstehen oder es selbst in sich zu erkennen. Als Band haben wir es uns auf jeden Fall zur Aufgabe gemacht, mit unseren Songs antisexistische, antihomophobe und antilookistische Inhalte weiter zu vermitteln und Denkanstöße zu schaffen.
Eastie rO!s: Eine Männerdominanz können wir in unserem Umfeld nicht wirklich erkennen. Was Sexismus und Homophobie angeht kommen wir wieder auf den klaren einfachen Menschenverstand zu sprechen. Wer beleidigend wird oder irgend welche Leute aufgrund ihrer sexuellen Neigung oder biologischen Vorraussetzung missachtet sollte geteert und gefedert werden.
The Not Amused: Es ist schon seltsam, dass Rosa sich nach 8 Jahren The Not Amused, immer noch nach quasi jedem Gig einmal ein gut gemeintes „Du trommelst echt super, für ne Frau“ anhören darf. Das geht schon ziemlich auf die Nerven. Traurig, wie zurückgeblieben auch die Subkulturen oftmals noch ticken.
Um ehrlich zu sein, Homophobie ist bei uns und unserm Publikum kein Thema (ziemlich cool, jetzt, wo ich drüber nachdenke … Sicher hat das auch viel damit zu tun, in welchen Läden man auftritt).
Artificial Eyes: Ich kann keine Analyse darüber abgeben, warum Punkrock und HC mehr von Männern als von Frauen gehört werden. Mir scheint zwar auch, dass das so ist, aber ich akzeptiere das einfach. Vielleicht liegts am Krach, den viele Bands fabrizieren? Ich habe nicht vor etwas dagegen zu unternehmen. Warum sollte ich? Jeder Mensch ist frei in der Wahl seiner Kleidung und Musik. Warum sollte ich jemand dazu drängen sich so oder so zu kleiden oder bestimmte Bands zu hören? Das hat bei mir im Bezug auf Punk automatisch funktioniert und so wird es auch bei jedem anderen funktionieren, der etwas damit anfangen kann. Wenn natürlich jemand offen sexistische Flyer für eine Veranstaltung verteilt, egal wie es gemeint ist, und egal was dort passiert, braucht er sich nicht zu wundern, wenn kaum Frauen dort auftauchen. Die Fragestellung im Allgemeinen deutet für mich an, dass der Missstand des Frauenmangels in der Szene bekämpft werden müsse. Das finde ich im Bezug auf „Freiheit und Selbstbestimmung“ etwas bedenklich.
Sollte es auf Konzerten zu negativen Äußerungen von Band oder Publikum kommen, müssen die betreffenden Personen darauf angesprochen werden. Bei fehlender Einsicht gibt es Konsequenzen. Ende. Ich sehe das sehr einfach und unproblematisch. In unserem Umfeld erlebe ich es so gut wie nie, dass es solche Probleme gibt. Liegt vielleicht an meinem Ausgehverhalten. Wer hingegen auf ein Konzert der einschlägig bekannten „Proll-Bands“ geht, sollte wissen was ihn oder sie erwartet oder besser fern bleiben. Da bringt rumdiskutieren überhaupt nichts. Manche Menschen kann man nicht ändern. Wer mit bestimmten Bands Probleme hat, kann mit den richtigen Argumenten immer versuchen Auftritte zu verhindern.
Kaput Krauts: Leider sind Punk und Hardcore meistens immer noch “just (straight) boys’ fun”. Wir haben leider kein Patentrezept dagegen. Wir versuchen halt einfach, durch unser eigenes Verhalten zu zeigen, dass man auf Konzerten auch Spass haben kann, ohne dass dieser auf Kosten anderer Personen geht. Wir machen manchmal Ansagen oder haben auch schon Konzerte unterbrochen, wenn uns aufgefallen ist, dass im Publikum nicht unbedingt der nötige Respekt für die Mittanzenden vorhanden ist. Aber generell müsste einfach ein Umdenken stattfinden, damit es auf Punk- und HC-Konzerten selbstverständlich wird, dass sich die Leute mit Respekt behandeln, nicht nur in Hinblick auf Mackertum, Sexismus und Homophobie.

Warum findet ihr es wichtig, das Siempre-Antifascista-Festival zu unterstützen?

Kira Kanoa: Das Siempre-Antifascista-Festival ist eines der „wenigen“ coolen noch linken Festivals in Deutschland. Wir finden es äußerst wichtig, dass das Siempre weiter bestehen bleibt, da dieses Konzert einem das Gefühl und die Möglichkeiten gibt, sich seinen Freiraum wirklich selbst gestalten zu können. Wir haben in den letzten Jahren oft das Siempre-Antifascista besucht und waren immer sehr begeistert. Erstmal ist es Zusammenkommen aller verschiedensten Spektren der radikalen Linken und bietet soviel Spielraum für Austausch und Vernetzung, zweitens ist es trotz der Größe der Location weiterhin unkommerziell. Und natürlich ist das Festival für uns eine richtige Herausforderung und wir freuen uns riesig auf so einer großen Bühne zu stehen und das Festival diesmal von der Bühne aus unterstützen zu können!!
Eastie rO!s: Zum Festival: antifaschistische Veranstaltungen sind denke wir immer unterstützenswert.
The Not Amused: s.o.: Antifaschismus/Antirassismus ist für uns kein Politikum sondern eine Frage der Menschlichkeit. Veranstaltungen wie das Siempre Antifascista gibt es viel zu wenig und sind heute wichtiger denn je. ’nuff said!
Artificial Eyes: Wie bereits erwähnt, versuchen wir als Band mit unserer Musik eine Alternative zu den ganzen überschätzten und gehypten Grauzonen-Bands oder zum bedeutungslosen Mainstream zu bieten. Ein attraktives Produkt das Spaß macht, mit klarer antifaschistischer Positionierung. Das ist auch unsere Interpretation vom Siempre-Antifascista. Gemeinsam Zähne zeigen gegen rechte Strukturen. Im übrigen ist es ja auch ein „Geben und Nehmen“. Wir freuen uns, mal wieder in Berlin zu sein und beim Siempre-Antifascista-Festival spielen zu dürfen.
Kaput Krauts: Wir unterstützen das Siempre-Antifascista-Festival (wie auch andere antifaschistische Veranstaltungen), weil uns die Verbindung von antifaschistischem und emanzipatorischem Selbstverständnis und Punk/HC/Skinhead-Subkultur am Herzen liegt. Wenn es im Punk nur darum geht, ein bisschen schmuddeligen Karneval zu spielen und beim Saufen etwas andere Musik als der Schützenverein zu hören, aber kein politisches Bewusstsein damit einhergeht, dann bleibt trotzdem alles scheisse.
Pestpocken: Antifaschismus und Punk sind für uns eine nicht trennbare Angelegenheit. Wir freuen uns immer über Konzertanfragen von VeranstalterInnen, die das genauso sehen und offen nach außen tragen.

Trouble Orchestra:

Trouble auf den Straßen – Trouble in den Köpfen
Identitäre, Frei.Wild, rassistische Kontrollen von Flüchtlingen – Viele Anknüpfungspunkte machen sich bemerkbar, die zeigen, dass das gesellschaftliche Geschehen keine sonderlich emanzipatorische Ausrichtung zeigt. Offensichtlich scheinen weder Staat noch die bürgerliche Gesellschaft daran interessiert zu sein, soziale Systeme dahingehend zu wandeln, dass sich solidarisches Gemeinwesen etablieren kann. So wird es also Aufgabe von antifaschistischer Subkultur die Potentiale der Herausbildung einer emanzipatorisches Gesellschaft herauszukristallisieren und zu entwickeln.
“Strapazieren, was Andere zementieren”
Antifaschistische Kultur, ob eine Lesung im AZ, ein Kneipenabend in der selbstorganisierten Bar oder ein Festival, ist gleichzeitig die Möglichkeit politische Inhalte öffentlich zu machen, Raum für Begegnung und Austausch als auch ein Abseits der alltäglichen Tristesse kapitalistischer Verhältnisse. Reaktionäre Gedanken, Herrschaftsstrukturen und Verwertungslogiken können nur da hinterfragt und dekonstruiert werden, wo Raum für Alternativen entsteht und so eine Kultur jenseits dumpfer Großraumdisko und Schunkeln auf WM-Fanfesten möglich ist. Dieser Kampf um selbstbestimmte Freiräume und die Schaffung einer alternativen Gegenkultur wird vermutlich eher von der Stadt auf das Dorf schwappen, um hier die Strategie der NPD einmal umzudrehen. Wir solidarisieren uns jedoch besonder mit allen Menschen, die in Regionen antifaschistisch aktiv sind, wo sie in der Unterzahl sind und eine deutliche Meinungsäußerung gefährlich werden kann. Wir selber können uns glücklich schätzen, mit Hamburg St. Pauli in einem eher linken Viertel zu leben und versuchen durch unsere Musik ein Stück Antifaschismus in die Welt zu tragen. Dass dies ein weiter Weg ist, zeigen die letzten Wochen, in denen vor unserer Haustür in Hamburg täglich rassistische Polizeikontrollen stattfanden und der Senat den Flüchtlingen ihr Leben in dieser Stadt so menschenunwürdig macht wie es nur geht. Wenn wir für einen linken Freiraum wie die Rote Flora kämpfen, denken wir an die Flüchtlinge, die noch nicht einmal ein Dach über dem Kopf haben und wenn wir uns für eben jene Mitmenschen einsetzen, denken wir an die Gründe, den kapitalistischen Irrsinn, der Menschen dazu zwingt, fliehen zu müssen und sich freiwillig in Lebensgefahr zu begeben. Der Blick auf das große Ganze bleibt bei ernstgemeinter antifaschistischer und antirassistischer Politik nicht aus. Und so soll sich dieser umfassende Blick immer auch gerne – und sei es im Nebensatz – in unserer Musik und in den Locations, in denen wir spielen, widerspiegeln.

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